Angst hat nicht mit Erziehung zu tun
- Isabel Scheu
- 03.12.2025
- Silvester
Warum Angst nicht mit Erziehung zu tun hat
Angst ist kein Ungehorsam – sondern ein Gefühl
„Der muss sich doch nur zusammenreißen!“ – „Du musst halt konsequenter sein.“ – Sätze wie diese hören viele Hundehalter, wenn ihr Hund bei Gewitter zittert, beim Tierarzt panisch wird oder Silvester unter dem Bett verschwindet. Dabei ist eines ganz klar: Angst ist keine Frage der Erziehung. Sie ist ein Gefühl – tief verwurzelt, oft unkontrollierbar und völlig unabhängig davon, wie gut ein Hund „funktioniert“.
In diesem Beitrag erfährst du, warum selbst der besterzogene Hund Angst haben darf, was Angst wirklich ist – und wie du als Mensch angemessen reagierst.
Angst ist ein Überlebensmechanismus – kein Fehlverhalten
Angst gehört zum natürlichen Verhaltensrepertoire aller Lebewesen. Sie schützt, warnt, aktiviert den Fluchtreflex – und kann Leben retten. Auch beim Hund. Ob ein Hund ängstlich auf Geräusche, Menschen, Orte oder Situationen reagiert, hängt von vielen Faktoren ab:
- Genetik und Rasseveranlagung
- Frühprägung, Erfahrungen im Welpenalter
- Traumatische Erlebnisse oder fehlende Sozialisierung
- Gesundheitlicher Zustand oder Alter
Keiner dieser Punkte hat etwas mit Gehorsam oder „richtiger“ Erziehung zu tun.
Ein gut erzogener Hund darf trotzdem Angst haben
Dein Hund kennt alle Kommandos, läuft perfekt an der Leine, bleibt zuverlässig allein – aber zittert beim Tierarzt oder flüchtet bei Gewitter unter den Tisch? Dann machst du nichts falsch. Angst ist kein Zeichen von Versagen, sondern ein Ausdruck von echtem, innerem Erleben.
Ein Hund kann gleichzeitig gehorsam und ängstlich sein – das eine schließt das andere nicht aus. Erziehung trainiert Verhalten, Angst betrifft Emotionen und Nervensystem.
Warum Druck die Angst nur verschlimmert
Wenn ein Hund Angst zeigt und dafür getadelt, ignoriert oder „durchgezogen“ wird, passiert Folgendes:
- Der Hund lernt: „Meine Angst wird nicht ernst genommen.“
- Er fühlt sich allein, unverstanden – die Bindung leidet.
- Er unterdrückt sein Verhalten – aber nicht die Angst selbst.
Angst kann nicht wegerzogen werden. Sie lässt sich nur durch Vertrauen, Training, Sicherheit und ggf. professionelle Begleitung bewältigen.
Wie du mit der Angst deines Hundes richtig umgehst
Ein ängstlicher Hund braucht vor allem eines: Verständnis und Sicherheit. So kannst du ihn unterstützen:
- Nimm seine Angst ernst – auch wenn sie für dich irrational erscheint.
- Schaffe Rückzugsorte – besonders in stressigen Situationen wie Silvester oder Gewitter.
- Bleibe ruhig und präsent – dein Hund orientiert sich an deinem Verhalten.
- Vermeide Druck und Strafe – das verstärkt die Unsicherheit nur.
- Hol dir Hilfe, wenn du alleine nicht weiterkommst – durch Trainer, Tierarzt oder Verhaltenstherapeuten.
Fazit: Angst ist ein Gefühl – kein Erziehungsfehler
Angst ist keine Schwäche, kein Ungehorsam und kein Zeichen von schlechter Erziehung. Sie ist eine zutiefst natürliche Reaktion, die jeder Hund – wie jeder Mensch – empfinden darf. Wenn du deinem Hund das Recht auf Angst zugestehst und ihn liebevoll begleitest, stärkst du nicht nur seine Sicherheit, sondern auch eure Beziehung. Denn Vertrauen wächst, wenn man auch in schweren Momenten füreinander da ist.
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