Warum haben Hunde Angst vor Gewittern?
- Isabel Scheu
- 03.06.2025
- Gewitterangst
Warum haben Hunde Angst vor Gewittern?
Viele Hunde reagieren mit großer Angst auf Gewitter. Sie zittern, hecheln, laufen unruhig umher oder versuchen, sich zu verstecken. Manche jaulen oder bellen, andere zeigen sich wie erstarrt. Während einige Hunde das Naturereignis vergleichsweise gelassen überstehen, versetzt es andere in regelrechte Panik. Doch was genau löst diese Furcht aus? Die Ursachen für Gewitterangst bei Hunden sind vielfältig – von lauten Donnergeräuschen über Luftdruckveränderungen bis hin zu elektrischen Ladungen. Dieser Beitrag erklärt, warum Hunde so empfindlich auf Gewitter reagieren und welche Faktoren diese Angst verstärken können.
1. Laute Geräusche und plötzlicher Donner
Hunde haben ein weitaus empfindlicheres Gehör als Menschen. Während wir Donner oft nur als lautes Grollen wahrnehmen, können Hunde selbst entfernte Geräusche in einer viel höheren Intensität hören. Zudem sind sie Meister darin, die Richtung von Geräuschen genau zu orten, was bedeutet, dass das auf sie hereinprasselnde Getöse besonders überwältigend sein kann.
Anders als bei vorhersehbaren Geräuschen – zum Beispiel Straßenlärm oder Haushaltsgeräte – ist Donner unregelmäßig, plötzlich und in seiner Lautstärke unberechenbar. Diese Unvorhersehbarkeit führt dazu, dass viele Hunde sich bedroht fühlen. Instinktiv verbinden sie solche plötzlichen, lauten Geräusche mit Gefahr, da in der Natur oft überlebenswichtige Reaktionen erforderlich sind, um auf laute Geräusche wie Erdrutsche oder herabfallende Äste zu reagieren.
2. Luftdruck- und Wetterveränderungen
Hunde verfügen über äußerst feine Sinne, die es ihnen ermöglichen, selbst kleinste Veränderungen in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Noch bevor ein Gewitter beginnt, spüren viele Hunde, dass sich das Wetter verändert. Sinkender Luftdruck, steigende Luftfeuchtigkeit und elektrische Spannungen in der Luft sind für sie spürbar, lange bevor der erste Blitz zu sehen oder der erste Donner zu hören ist.
Diese Wetterveränderungen können bei Hunden Stress auslösen, besonders wenn sie nicht verstehen, was diese Signale bedeuten. Da Gewitter oft mit starkem Wind, plötzlichen Temperaturänderungen oder einem Wechsel der Lichtverhältnisse einhergehen, können Hunde von all diesen Faktoren gleichzeitig überfordert werden. Besonders sensible Tiere reagieren bereits auf diese subtilen Veränderungen mit Nervosität, was sich dann in einer ausgeprägten Gewitterangst manifestieren kann.
3. Elektrische Ladungen in der Luft
Blitze entstehen durch elektrische Entladungen in der Atmosphäre, die vor und während eines Gewitters zu spüren sind. Wissenschaftler vermuten, dass Hunde diese Ladungen in ihrer Umgebung wahrnehmen können, möglicherweise durch ein leichtes Kribbeln im Fell oder durch eine veränderte statische Aufladung. Einige Hunde reagieren darauf, indem sie sich instinktiv in Räumen mit hoher Leitfähigkeit, wie Badezimmern oder Kellern, verstecken, um sich vor dieser unsichtbaren Bedrohung zu schützen.
Besonders Hunde mit dichtem oder langem Fell scheinen diese elektrischen Ladungen stärker zu spüren als kurzhaarige Hunde. Manche Tiere reagieren mit plötzlicher Unruhe, bevor das Gewitter überhaupt hörbar oder sichtbar ist, was darauf hinweisen könnte, dass sie diese atmosphärischen Veränderungen auf eine Weise wahrnehmen, die Menschen nicht bewusst ist.
4. Schlechte Erfahrungen oder fehlende Gewöhnung
Genau wie Menschen können Hunde Ängste durch negative Erfahrungen entwickeln. Ein besonders starkes Gewitter in der Welpenzeit oder eine einmalige Schrecksituation kann ausreichen, um eine lebenslange Gewitterangst zu prägen. Auch Hunde, die während eines Gewitters allein waren und keine Möglichkeit hatten, sich in der Nähe eines ruhigen Menschen sicher zu fühlen, können später besonders empfindlich darauf reagieren.
Darüber hinaus spielt die Sozialisation eine große Rolle. Hunde, die in ihrer Prägephase (bis etwa zur 16. Lebenswoche) keine oder nur wenig Erfahrung mit lauten Geräuschen gemacht haben, sind später oft schreckhafter. Wenn ein Welpe nie gelernt hat, dass ein lauter Donner harmlos ist, kann er als erwachsener Hund mit extremer Unsicherheit darauf reagieren.
5. Angstübertragung durch den Halter
Hunde sind äußerst feinfühlig, wenn es um die Emotionen ihrer Menschen geht. Wenn ein Hundebesitzer selbst ängstlich oder nervös auf Gewitter reagiert – sei es durch hektisches Verhalten oder besorgte Blicke –, kann der Hund diese Unsicherheit übernehmen. Selbst unbewusste Gesten wie Anspannung in der Stimme oder ein verändertes Verhalten beim Herannahen eines Gewitters können einem sensiblen Hund signalisieren, dass etwas Gefährliches bevorsteht.
Ein weiteres Problem ist das übermäßige Trösten des Hundes bei Gewitter. Während es in der Natur wichtig ist, Angst ernst zu nehmen, um gefährliche Situationen zu vermeiden, kann es kontraproduktiv sein, wenn ein Hund jedes Mal durch aufgeregtes Streicheln oder besorgte Worte „belohnt“ wird, wenn er Angst zeigt. So kann es passieren, dass der Hund seine eigene Angst als „richtig“ interpretiert und dieses Verhalten bei jedem Gewitter verstärkt.
6. Genetische Veranlagung
Auch die Genetik kann eine Rolle spielen. Einige Hunderassen neigen stärker zu Ängsten als andere, da sie ursprünglich für bestimmte Aufgaben gezüchtet wurden, die ein sensibles Gehör oder eine hohe Wachsamkeit erfordern. Hütehunde wie Border Collies oder Australian Shepherds sind beispielsweise bekannt dafür, auf Umweltreize besonders empfindlich zu reagieren. Ebenso können Jagdhunde mit einem extrem guten Gehör Gewittergeräusche intensiver wahrnehmen und darauf stärker reagieren als weniger geräuschempfindliche Rassen.
Obwohl jede Angst individuell ist, zeigen Studien, dass Hunde aus bestimmten Linien tendenziell häufiger Geräuschängste entwickeln als andere. Wenn also ein Hund aus einer Familie stammt, in der Gewitterangst bereits vorkommt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass auch er sensibler darauf reagiert.
7. Fehlende Kontrolle über die Situation
Ein wichtiger Aspekt der Gewitterangst ist das Gefühl der Hilflosigkeit. Hunde sind in vielen Situationen darauf angewiesen, sich durch eigenes Verhalten selbst zu beruhigen – etwa durch Flucht, Schutzsuche oder die Nähe zu vertrauten Menschen. Doch während eines Gewitters gibt es kaum eine Möglichkeit zur Kontrolle: Der laute Donner kommt und geht ohne erkennbares Muster, Blitze tauchen den Raum plötzlich in helles Licht, und selbst Rückzugsorte bieten oft nur begrenzten Schutz.
Dieses Gefühl des Kontrollverlusts kann die Angst weiter verstärken. Während ein Hund sich beispielsweise bei anderen lauten Geräuschen (wie einer vorbeifahrenden Straßenbahn) noch entfernen kann, ist das bei einem Gewitter unmöglich. Das kann zu einem Zustand der erlernten Hilflosigkeit führen, bei dem der Hund immer stärker auf diese Reize reagiert, weil er keinerlei Möglichkeit sieht, sich dem zu entziehen.
Fazit: Gewitterangst ist ein ernstzunehmendes Problem
Gewitterangst ist für viele Hunde mehr als nur eine leichte Nervosität – sie kann sich zu einer massiven Angststörung entwickeln, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Hundes stark beeinträchtigt. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von genetischer Veranlagung über traumatische Erfahrungen bis hin zu sensorischen Wahrnehmungen, die wir Menschen gar nicht bemerken. Wer seinen Hund genau beobachtet und versteht, welche Faktoren seine Angst auslösen, kann besser nachvollziehen, warum Gewitter für viele Vierbeiner eine echte Stresssituation sind.
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